Das Comeback: Zobel wieder in Lüneburg!
Er war zweimal Trainer des LSK, prägte zuvor als Spieler in den 70er und 80er Jahren die goldene Ära des Lüneburger Fußballs. Jetzt kehrt Rainer Zobel zurück nach Lüneburg. Am kommenden Wochenende ist er der prominenteste Gast, wenn das Johanneum den 150. Jahrestag des ersten Fußballspiels auf deutschem Boden feiert.
Dieses Spiel fand am 28. August 1875 mit Spielern des Gymnasiums auf dem Schulhof des Johanneums statt. Erstmals wurde nach den bis heute gültigen Regeln der englischen Association Rules gekickt. Alle Namen der damaligen Spieler sind überliefert, eine englische Sportzeitung berichtete unter der Schlagzeile „Football in Germany“ über das Match. Damit sind sich Historiker einig: Das war das erste reguläre Fußballspiel in Deutschland.

Vom FC Bayern zum LSK
Aus diesem Anlass lädt das Johanneum am kommenden Samstag zu einem großen Fest ein. Rainer Zobel spielt dabei eine wichtige Rolle, so wie einst im Mittelfeld des FC Bayern München, mit dem er von 1974 bis 1976 dreimal hintereinander den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League) gewann – an der Seite von Beckenbauer, Müller, Maier, Breitner, Hoeneß und andere Stars jener Tage. Ehe er 1976 mit nur 27 Jahren vom FC Bayern zum LSK wechselte, damals eine Sensation, die Lüneburgs Fans elektrisierte.

Zobel tritt am kommenden Wochenende gleich dreifach auf. Am Freitag wird der ehemalige Bundesliga-Coach des 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Nürnberg und der Stuttgarter Kickers die Schulmannschaft des Johanneums von 11 bis 13 Uhr auf dem Sportplatz Kaltenmoor trainieren. Er bereitet sie auf das Jubiläumsturnier vor, das am Samstag von 11.30 bis 14.30 Uhr mit acht Schulmannschaften in Kaltenmoor steigt.
Schon um 10 Uhr wird in Böhmsholz ein Gedenkstein enthüllt. Dort fanden schon vor dem 28. August 1875 erste inoffizielle Fußballspiele mit Schülern des Johanneums statt. Zur Enthüllung führt eine Fahrradtour, die um 9 Uhr am Johanneum (Theodor-Heuss-Straße 1) startet.
Ab 15 Uhr steigt das Jubiläums- und Familienfest auf dem Schulhof des Johanneums, zu dem Cheforganisator Daniel Kruse alle Interessierten herzlich einlädt. Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch wird sprechen. Es gibt Live-Musik mit ehemaligen Schülern, eine Freestyle-Show in der Sporthalle und ab 15 Uhr zwei Talkshows in der Aula.

Prominenz auf dem Podium
Auf dem Podium sitzen u. a. Rainer Zobel, Benjamin Adrion (Ex-Profi des FC St. Pauli), Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Hartmut Strampe, Tara Burmann (Bundesliga-Spielerin des HSV) und zwei weitere Männer mit LSK-Verbundenheit: Vereinschronist Erhard Rölcke und Werner Jaschik, ehemaliger Spieler und Trainer des LSK mit Zweitliga-Erfahrung.

Es steckt also viel LSK im Johanneum-Jubiläum. Rölcke wird sicher berichten, wie es war, als 1901 auch beim LSK der erste Ball rollte. Und Zobel weiß eh immer amüsant über seine Zeiten als Zimmergenosse von Franz Beckenbauer, als Trainer in aller Welt oder als Gegenspieler von Netzer, Overath und anderen Weltstars zu erzählen.

„Fürs Schöne war Beckenbauer zuständig“
Natürlich verfolgt der Braunschweiger das Geschehen beim LSK noch immer aufmerksam: „Die Auftaktniederlage in Heeslingen kam nicht so überraschend, wenn man bedenkt, dass der souveräne Vorjahres-Aufsteiger FC Verden fast wieder aus der Oberliga abgestiegen wäre.“ Zobels Tipp: „Man muss erstmal hinten sicher stehen und das spielen, was die Spieler können. Die Fans wollen keinen schönen Fußball sehen, sondern Erfolge. Damals beim FC Bayern war Franz Beckenbauer fürs Schöne zuständig – aber doch nicht ein Schwarzenbeck, Hansen, Roth oder Zobel. Wir mussten rennen.“
Erst die Augen, dann die Hüften
Zobel ist viel gerannt, die Folgen spürt er noch heute. Doch rechtzeitig zum Johanneum-Jubiläum ist er wieder fit: „Ich hatte eine Augen-Operation, alles gut gelaufen. Das andere Auge kommt auch noch dran“, erzählt er. Dann muss er noch die Spätfolgen von zehn Jahren Profifußball und Rennerei reparieren lassen: „Ich brauche zwei neue Hüften. Wenn ich die habe, steige ich wieder ein – aber nicht als Trainer, sondern als Spieler“, sagt der 76-Jährige mit seinem schelmischen, immer noch jungenhaftes Lachen.

Oben habe ich geschrieben, dass viel LSK im Johanneum-Jubiläum steckt, Andererseits steckt viel Johanneum im LSK. Denn wer weiß, ob es jemals LSK-Fußball gegeben hätte, wenn nicht 1875 Lüneburger Schüler erstmals hinter dem Ball hergejagt wären. Und wer weiß, ob dann jemals ein Rainer Zobel die Lüneburger mit seiner Fußballkunst verzaubert hätte. Denn beim LSK war er – im Gegensatz zum FC Bayern – fürs Schöne zuständig. Da mussten andere wie der junge Ralf Sievers oder Dieter Krause rennen.
Die Lüneburger dürfen sich jedenfalls am Wochenende auf das Comeback ihres größten Fußballers aller Zeiten freuen.
Text: Jürgen Poersch