Norderstedts Torjäger-Legende Jan Lüneburg (r.) schoss in den vergangenen drei Spielen fünf Tore. Weitere Treffer des Goalgetters wollen Tomek Pauer (l.) und der LSK Sonntag verhindert.
Foto: HEIMSPIEL.media / Stefan Großmann

„Dieser Lüneburg macht mir Angst“, klagt ein LSK-Fan bei Facebook. Da ist er nicht der einzige, der sich sorgt. Denn Torjäger Jan Lüneburg von Eintracht Norderstedt, am kommenden Sonntag (15 Uhr) zu Gast beim Lüneburger SK, ist in der Form seines Lebens.

Fünf Tore hat der 31-Jährige in den vergangenen drei Spielen der Regionalliga-Abstiegsrunde erzielt. Zuvor hatte Lüneburg schon in der Nordstaffel neunmal getroffen. Also hat er 14 Saisontore auf dem Konto, zwei mehr als LSK-Goalgetter Malte Meyer.

Zwischendurch hatte man den bulligen Lüneburg, der so gar nicht mehr ins Raster des modernen Fußballs zu passen scheint, schon abgeschrieben. Zu früh! Er hat es in dieser Saison noch mal allen gezeigt. In der Abstiegsrunde traf er beim 2:0-Sieg gegen den Heider SV in der Nachspielzeit zum 1:0. Den FC Oberneuland schoss der 1,85-Meter-Mann beim 2:1-Sieg mit zwei Treffern allein ab. Zuletzt traf er beim 4:0-Erfolg beim HSC Hannover zweimal. Ein Phänomen, der Mann, den sie in Norderstedt „Lüne“ nennen.

„Jan ist unsere Abstiegsversicherung“

Sein Trainer Jens Martens ist denn auch voll des Lobes: „Jan ist nicht nur eine Legende, sondern einfach unsere Abstiegsversicherung!“ Wie macht Lüneburg das? „Er ist in der Box stabil, weil er nicht umzustoßen ist, er ist ein guter Kopfballspieler, und er ist im richtigen Moment am richtigen Ort”, stellt der ehemalige Geografie- und Sportlehrer Martens seinem Musterschüler ein Einser-Zeugnis aus.

Für Jens Martens (66) ist übrigens am Saisonende ebenso Schluss wie für LSK-Teamchef Rainer Zobel. Fußballlehrer Martens verlängert seinen auslaufenden Vertrag nicht und übergibt die Chefrolle an seinen Trainerkollegen und A-Lizenz-Inhaber Olufemi Smith (43).

Smith muss wohl ab kommender Saison ohne Legende „Lüne“ auskommen. Denn der Torjäger hat angekündigt, dass er seine Karriere nach neun Jahren in Norderstedt beenden möchte. Das wollen sie bei Eintracht aber noch nicht so ganz wahrhaben.

Papa Lüneburg spielte beim LSK

Thorsten Lüneburg (oben, 3. v. l.) kickte in der Saison 1986/87 für den LSK. Auf dem Mannschaftsfoto sieht man (oben v. l.): Masseur Urban, Co-Trainer Körtge, Lüneburg, Schwarck, Idziak, Spincke, Eilers, Indorf, Oelkers, Riepenhusen, Gaebel, Stefaniak, Zobel jr. und Trainer Zobel. Unten v. l.: Winkelmann, Wagner, Schröder, Sievers, Krause, Wende, Maiwald, Meier und Kunze.
Foto: Archiv Rölcke

Die Familie Lüneburg hat übrigens einen Bezug zu Lüneburg. Denn Jans Vater Thorsten Lüneburg, heute 58 Jahre alt, stürmte in der Saison 1986/87 für den LSK, damals in der 3. Liga, die Oberliga Nord hieß. Vier Tore in 19 Spielen schoss Lüneburg. Trainer des LSK war damals Rainer Zobel, der heutige Teamchef des Regionalligisten. In der Mannschaft spielte auch Zobels Sohn Holger. Mit dessen Nominierung waren die LSK-Fans allerdings nicht immer einverstanden, sodass Zobel sen. eines Tages beim Spiel in Wilschenbruch ein Plakat lesen musste: „Zobel, wann stellst Du Deine Frau auf?“

„Zobel, wann stellst Du Deine Frau auf?“

Dazu kam es nicht. Zobel wechselte am Saisonende zu Eintracht Braunschweig, wurde dort Co-Trainer von Uwe Reinders – seine erste Profi-Trainerstation. Er nahm übrigens eine LSK-Legende mit: Karsten „Schnecke“ Wagner, der in 253 Drittliga-Spielen 133 Tore für den LSK erzielt hatte. Doch „Schnecke“ wurde in Braunschweig nicht froh, er musste seine schillernde Karriere wegen eines irreparablen Knieschadens schon bald beenden.

Auch ein anderer Spieler aus dieser Mannschaft scheiterte beim Sprung in den Profifußball: Andreas Kunze, pfeilschneller Vater des aktuellen LSK-Spielers Marian Kunze, absolvierte damals ein Probetraining bei Bayern München, wurde aber nicht genommen.

Einer, der es schaffte, war Jörg Sievers. Der Torwart wechselte 1988 zum VfL Wolfsburg (wo Horst Hrubesch sein Trainer war), im Jahr 1989 weiter zu Hannover 96, wo er bis 2003 spielte und zur Legende wurde.

Das LSK-Team von 1986/87 belegte am Saisonende den 13. Platz. Meister wurde der SV Meppen, Holstein Kiel und der VfL Wolfsburg landeten im Mittelfeld. Das waren noch Gegner!

Wer soll Lüneburg stoppen?

Genug Nostalgie, zurück in die Gegenwart. Lüneburg hat also kommenden Sonntag ein Problem – und das heißt Lüneburg. Wer vom LSK soll die Tormaschine stoppen? Zuletzt beim FC St. Pauli wurde die LSK-Abwehr von einem Solisten auseinandergenommen, dem kleinen Wirbelwind Aurel Loubongo, der ein Tor vorbereitete, zweimal knapp scheiterte und zwei Treffer erzielte. Der kaum greifbare Dribbler lag den LSK-Defensiven gar nicht. Da ist Jan Lüneburg ein ganz anderer Spielertyp, der Pägelow, Otte & Co. eher entgegenkommen könnte.

Alte Bekannte: Jan Lüneburg (l.) im Duell mit Stefan Wolk – ein Bild aus dem Jahr 2019.
Foto: HEIMSPIEL.media / Stefan Großmann

Auch Brüning ist brandgefährlich!

Doch Vorsicht! Wer Lüneburg bremst, hat Norderstedt noch lange nicht lahmgelegt. Überragend spielte zuletzt auch Nils Brüning auf. Der 27-Jährige kommt gern über den linken Flügel, bereitete beim 4:0 in Hannover gleich drei Tore vor und traf einmal den Pfosten.

Auch der LSK hat schon schlechte Erfahrungen mit Brüning gemacht. Im April 2019, als es auch gegen den Abstieg ging, schoss Nils Brüning beim 2:2 auf dem VfL-Platz beide Tore. Das war damals zu wenig für den LSK. Es wurde ganz eng im Abstiegskampf. Erst mit einem sensationellen Endspurt und zwei Relegationsspielen gegen den Oberliga-Zweiten Northeim rettete sich der LSK.

Nils Brüning (l.) bereitete zuletzt drei Tore bei Norderstedts 4:0 beim HSC Hannover vor. Auch der LSK machte schon unliebsame Bekanntschaft mit dem Flügelmann, hier zieht Brüning im April 2019 zum 1:1 ab – damals noch an den Sülzwiesen. Bastian Stech (Mitte) und Stefan Wolk konnten nur zuschauen, wie der Ball einschlug. Danach erzielte Brüning auch noch den 2:2-Endstand.
Foto: HEIMSPIEL.media / Stefan Großmann

Nach der 0:4-Niederlage beim FC St. Pauli II steht der LSK wieder mit dem Rücken an der Wand. Wenn es noch gelingen soll, den BSV Rehden oder FC St. Pauli zu überholen, dann muss gegen den Tabellenzweiten Norderstedt gepunktet werden! Dass der LSK es besser kann als gegen St. Pauli, hat er vor zwei Wochen beim 1:1 gegen den Tabellendritten SV Drochtersen gezeigt.

Ein Sieg gegen Norderstedt würde einige Ängste vertreiben – nicht nur die vor dem ewigen Torjäger Jan Lüneburg.