Der Vorstand des Lüneburger SK Hansa unternimmt alles, damit der Klassenerhalt in der Regionalliga gelingt. Nach den drei Winter-Neuzugängen William Hildebrand, Bibie Njie, Valantin Zalli (wir berichteten) hat jetzt der US-Amerikaner Kevin Barajas einen Vertrag bis zum 30. Juni 2023 unterschrieben. Der Ex-Profi ist sofort spielberechtigt. Viermal neue Power für den Angriff!
Der offensive Mittelfeldspieler Barajas kommt vom Georgia Storm FC, einem Klub aus der Stadt Carollton im US-Bundesstaat Georgia. Zuletzt holte sich der 1,78 Meter große Modellathlet den letzten Schliff in der Kolonji Soccer Academy, die darauf spezialisiert ist, Fußballer auf den Sprung nach Europa vorzubereiten.
Barajas ist in Atlanta geboren, der Hauptstadt von Georgia im Südosten der USA. Dort lebt seine Familie, die mexikanische Wurzeln hat. Vater, Mutter, Bruder und dessen Freundin – alle sind in der Immobilien-Branche tätig.
Kevin hat andere Pläne. Seit Donnerstag ist der 25-Jährige in Lüneburg. LSK-Schatzmeister Henning Constien hat den Transfer eingefädelt: „Ein Spielervermittler, den ich schon länger kenne, hat mir Kevin empfohlen und wir haben ihn zum Probetraining eingeladen“, berichtet Constien.
Zobel: „Der Junge ist gut!“
Donnerstag und Freitag nahm Barajas am Training teil und LSK-Teamchef Rainer Zobel erkannte gleich: „Der Junge ist gut!“ Das bestätigte der Amerikaner am vorigen Samstag im Testspiel beim Oberligisten FT Braunschweig. Er wurde nach der Pause eingewechselt und half entscheidend mit, dass der LSK aus einem 1:3-Rückstand noch einen 4:3-Sieg machte. Barajas bereitete zwei Tore vor und traf selbst einmal den Pfosten (das alles haben wir in unserem Spielbericht vom Samstag noch verschwiegen, Konkurrenz liest mit …).
Nicht nur LSK-Ehrenpräsident Dietrich Conrad, in Braunschweig dabei, war von Barajas begeistert: „Der erinnert mich an Thorben Deters.“ Auch LSK-Ligaobmann Thomas Wiebe schwärmte: „Bei Vergleichen mit Deters muss man vorsichtig sein, aber Kevin kann uns auf jeden Fall sofort weiterhelfen.“ Auch LSK-Oberfan Thomas von Randow war wie stets vor Ort und schwer angetan: „Den hättet Ihr sehen müssen, er war richtig stark!“
Nach dem Testspiel machte LSK-Verhandlungsführer Constien schnell Nägel mit Köpfen, denn Barajas hatte zuvor schon bei zwei Klubs im Norden vorgespielt, in dieser Woche waren zwei weitere Castings bei westdeutschen Vereinen geplant. Der LSK war schneller: „Kevin hat einen Vertrag bis zum Sommer 2023 bei uns unterschrieben“, meldete der agile Schatzmeister heute Morgen Vollzug.
Im Hotel Mama wird jetzt doppelt gekocht
Jetzt ist Constien auf der Suche nach einer Wohnung für den Neuzugang: „Bis wir für Kevin etwas gefunden haben, wohnt er bei uns zuhause in Amelinghausen. Er fühlt sich schon wohl im Hotel Mama.“ Für Mama Constien eine doppelte kulinarische Herausforderung, denn Kevin ist Veganer. Also kein Eisbein mit Sauerkraut und keinen Falschen Hasen. „Wir haben erstmal vegan eingekauft. Meine Frau kocht jetzt einmal für Kevin und einmal für uns“, berichtet Fleisch- und Fisch-Fan Henning.
Kevin Barajas ist dabei, sich im neuen Land zurechtzufinden. Ein wenig fröstelte ihn beim Fototermin in der Goseburg. Kein Wunder, daheim in Georgia wird es auch im Winter selten kühler als 15 Grad, plus wohlgemerkt.
Kevin spricht noch kein Deutsch, geht aber voller Freude und Zuversicht – typisch Amerikaner – an die neue Herausforderung ran: „Ich bin hier sehr freundlich von allen aufgenommen worden, sodass ich mich von Anfang an total wohlgefühlt habe.“
Was hat den Ausschlag für den Wechsel zum LSK gegeben? „Ich habe das Gefühl, dass ich in dieser Mannschaft meinen Stil als offensiver Mittelfeldspieler weiterentwickeln kann. Bei meinen Vereinen in den USA wurde ich oft im defensiven Mittelfeld eingesetzt, aber ich habe meine Stärken im Angriff, da kann ich meine Kreativität ausspielen.“
Eine kreative Ader, die auch bei seinen Hobbys Musik und Mode Ausdruck findet. Kevin spielt Gitarre, produziert stylische Fotos und Videos (werft mal einen Blick auf seine Instagram-Seite). „Fußball steht bei mir aber klar im Vordergrund“, betont der vielseitige junge Mann.
Über die deutsche Regionalliga wusste Kevin Barajas bisher wenig, aber nach den ersten Eindrücken ist der US-Boy überrascht von der Spielstärke und dem Tempo des LSK. Die Mitspieler machten es ihm von Anfang an leicht. „Besonders Tomek Pauer hat mir schon viel geholfen. Er hat ja in den USA studiert, wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden“, freut sich Barajas.
Pauer schwärmt vom Neuzugang
LSK-Mittelfeld-Stratege Pauer hatte 2018 ein halbes Jahr an der Xavier University in Cincinnati/Ohio studiert, spielte im Uniteam X. Musketeers. „Das war eine Stunde entfernt von der Universität in Kentucky, wo Kevin damals studiert hat. Wir haben jetzt im Gespräch herausgefunden, dass wir sogar einmal gegeneinander gespielt haben“, sagt Pauer.
Er weiß, wie es sich anfühlt, neu in einem fremden Land zu sein, hat den Amerikaner gleich an die Hand genommen: „Ich habe bei den Trainingsübungen übersetzt, damit Kevin nicht danebensteht, sondern sofort voll integriert ist.“
Was hält Tomek Pauer von Barajas? „Ich bin sehr begeistert von ihm. Er spiegelt das wider, was ich selbst in den USA erlebt habe – diese überragende Sportler-Mentalität, der Wille, sich weiterzuentwickeln und dafür hart zu arbeiten. Dazu die wahnsinnige Athletik. All das hat Kevin, außerdem eine gute Technik und Übersicht. Das werden die LSK-Fans noch sehen.“
„Er kann uns richtig weiterhelfen“
Beim Neuzugang gerät der LSK-Leader, der bei schwächeren Darbietungen seiner Kollegen auch mal ungnädig werden kann, direkt ins Schwärmen: „Außerdem ist Kevin ein superfreundlicher Typ, der richtig Lust auf Fußball hat. Und er versucht vom ersten Tag an, Deutsch zu lernen. Das finde ich cool. Wenn er dieses Niveau beibehält, dann kann er uns richtig weiterhelfen und ein Puzzleteil zum Klassenerhalt werden.“
Das hat Barajas vor. Er möchte sich mit starken Leistungen beim LSK etablieren und zugleich für höhere Aufgaben empfehlen. Profi in Europa, das war immer sein Traum. „Ich weiß, dass ich schon ein wenig zu alt für einen Karrierestart bin”, sagt Kevin, der am kommenden Freitag 26. Geburtstag feiert, „ich wollte eigentlich schon vor zwei Jahren nach Deutschland kommen, doch wegen Corona hat damals kaum ein Verein neue Spieler verpflichtet.“ Kevin hat wie viele junge Fußballer zwei Jahre durch Corona verloren. Jetzt ist er beim LSK angekommen. Für den Verein möglicherweise ein Glücksgriff.
Tomek Pauer warnt vorsorglich, den neuen Spieler als „Allheilsbringer“ zu sehen. Aber nach seinen ersten Auftritten weckt Kevin Hoffnungen. Vielleicht kann er die Sehnsucht der Fans nach schönem Angriffsfußball erfüllen, wie ihn der LSK einst mit einem Thorben Deters und Can Düzel gespielt hat.
Morgen Test beim SV Küsten
Nächste Gelegenheit, den LSK und seine vier Neuzugänge unter die Lupe zu nehmen, ist schon am morgigen Mittwoch, wenn der Regionalligist um 19.30 Uhr beim Bezirksligisten SV Küsten aufläuft. Am kommenden Samstag, bereits um 11 Uhr, geht es in Sittensen gegen den Oberligisten Heeslinger SC.
Der LSK hat nun 24 Spieler unter Vertrag. Der Vorstand hat seine Zusage erfüllt, dass der Kader erweitert wird. Teamchef Rainer Zobel und Trainer Qendrim Xhafolli können aus dem Vollen schöpfen – gerade in Corona-Zeiten wichtig. Auf geht’s ins Projekt Klassenerhalt!