Guri Hana (r.) – hier im Test gegen Elsamed Ramaj vom Dritlligisten VfB Lübeck – muss den LSK nach einem Jahr wieder verlassen.
Foto: HEIMSPIEL.media / Stefan Großmann

Vor einem Jahr war Guri Hana mit großen Hoffnungen aus dem fernen Kosovo nach Deutschland gekommen, 18 Jahre jung. Auch beim Lüneburger SK waren die Erwartungen hoch. Der Abwehrspieler hatte im einwöchigen Probetraining begeistert. Teamchef Rainer Zobel und Cheftrainer Qendrim Xhafolli wollten Hana unbedingt haben. LSK-Schatzmeister Henning Constien verhandelte wochenlang. Es war mühsam, am Ende klappte es. Der junge Mann mit doppelter Staatsbürgerschaft (Kosovo, England) wurde auf einer Pressekonferenz vorgestellt, überzeugte auch dort mit perfektem Englisch. Doch nun, nach nur zwölf Monaten, wurde der bis zum 30. Juni 2022 laufende Vertrag zum Ende dieses Jahres vorzeitig gekündigt. Die Wege trennen sich wieder. Wie kam es dazu?

Guri Hana war im Januar dieses Jahres gleich mit ins Trainingslager im ägyptischen El Gouna geflogen. Dort bestätigte er den starken Eindruck aus dem Probetraining. Mit seiner offenen, freundlichen Art gewann er schnell Freunde in der Mannschaft und im Umfeld. Auch eine Bleibe fand sich: Guri kam in der Melbecker Fußball-Wohngemeinschaft mit den LSK-Spielern Stefan Wolk, Lukas Pägelow und Mohamed El-Ahmar unter.

Ein Paradebeispiel für gelungene Integration

Guri Hana (l.) fand im Trainingslager in Ägypten schnell Freunde wie Braima Baldé (Mitte) und Abdul Gafar.
Foto: Virginia Wewerka

Der Abiturient bekam Deutsch-Unterricht vom LSK, lernte die schwierige Sprache erstaunlich schnell. Er bewarb sich an der Lüneburger Leuphana-Universität für einen Studienplatz. Guri jobbte vier Tage in der Woche beim LSK-Hauptsponsor Mölders im Adendorfer Hagebaumarkt, um das LSK-Gehalt aufzubessern und seinen Lebensunterhalt allein bestreiten zu können. Ein Paradebeispiel für gelungene Integration. Er war überall beliebt – und er liebte die Region Lüneburg: „Die grünen Wälder hier sind großartig. Im Kosovo ist es auch sehr schön, aber wir haben dort keine Wälder“, sagte er mal.

Wie lief es sportlich? Nach der Rückkehr aus Ägypten sei Guri schwächer geworden, bemängeln die LSK-Trainer. Allerdings machte er am 18. Februar im 1:1-Test beim damaligen Drittligisten Eintracht Braunschweig ein starkes Spiel, als er zur zweiten Halbzeit eingewechselt wurde. Danach war – erst wegen Regen, dann wegen Corona – Schluss mit Fußball. Guri hielt sich in den Wäldern um Lüneburg fit. Erst Ende Juli konnte der LSK wieder trainieren. In den Testspielen kam Hana meist nur gegen schwächere Gegner länger zum Einsatz. Da wurde schon deutlich: Die Trainer setzen auf andere Abwehrspieler als den jungen Mann aus dem Kosovo.

Guri Hana (2. v. l.) nach seinem starken Spiel in Braunschweig am Büfett.
Foto: Klaus Rückerl

Dieser frühe Eindruck bestätigte sich in den Punktspielen: Zobel und Xhafolli setzten Guri Hana in den neun Regionalliga-Partien dieser Saison nicht eine einzige Minute ein. Stattdessen wurde er etliche Male an die U23 in der 1. Kreisklasse abgestellt. Dort zeigte er ohne Murren vorbildlichen Einsatz und herausragende Leistungen.

„Die Konkurrenz in der Regionalliga ist riesengroß“

Zum Jahresende standen die Zeichen auf Abschied. Die LSK-Trainer drängten auf Vertragsauflösung. „Es bringt Guri doch nichts, wenn er bei uns nicht eingesetzt wird und in der Kreisklasse spielt“, sagt Rainer Zobel. Der Teamchef weiß auch; „Die Konkurrenz in der Regionalliga ist riesengroß. Allein aus den drei deutschen A-Junioren-Bundesligen mit ihren 42 Mannschaften drängen jedes Jahr um die 400 Spieler in den Herrenbereich. Alle bestens ausgebildet. Nur wenige schaffen es zu den Profis in der 1., 2. oder 3. Liga, viele landen in den Regionalliga.“ So auch beim LSK.

Guri Hana (2. v. l.) blieb in dieser Saison oft nur die Rolle des Reservisten – genau wie (v. l.) Hussein Sharba, Bajrush Osmani und Kristijan Augustinovic.
Foto: HEIMSPIEL.media / Stefan Großmann

Darüber sprach Zobel am Telefon mit Guris Vater. Der ebenso sympathische wie fußballbegeisterte Vater Burim Hana arbeitet als Ingenieur in Pristina, betreibt nebenbei eine Fußballschule in der Hauptstadt des Kosovo. Burim Hana ist sehr enttäuscht, dass sein Sohn überhaupt keine Spielzeit im Regionalliga-Team des LSK bekommen hat: „So wird es natürlich schwer, einen neuen Verein für ihn zu finden. Aber so ist das Fußballgeschäft wohl.“ Schließlich einigten sich beide Seiten auf eine Vertragsauflösung zum Ende dieses Jahres. Über die Modalitäten wird Stillschweigen bewahrt.

„Diese Erfahrungen werden Guri helfen“

Für Guri Hana ist ein Traum geplatzt. Vor einem Jahr war der Junioren-Nationalspieler des Kosovo voller Hoffnung hinausgezogen in ein fremdes Land. Sein Vater, der einst mit der Familie vor dem Jugoslawien-Krieg nach London geflohen war (wo Guri geboren wurde), versucht nun, das Positive zu sehen: „Guri ist durch das Jahr in Deutschland schnell selbständig geworden. Er hat eine neue Kultur kennengelernt und eine neue Sprache gelernt. Diese Erfahrungen werden ihm auf seinem weiteren Weg helfen.“

LSK-Schatzmeister Henning Constien sagt zur Vertragsauflösung: „Guri hat sich gegenüber dem LSK jederzeit loyal verhalten. Dafür bedanken wir uns bei ihm. Wir wünschen ihm für seine private und sportliche Zukunft alles Gute.“

Und was sagt Guri Hana? „Ich bin dankbar für alles, obwohl es nicht wie geplant gelaufen ist. Ich wünsche dem LSK alles Gute und hoffe, dass Ihr erfolgreiche Jahre haben werdet.“ Leider ohne Guri Hana, der sich auch in der Stunde des Abschieds und der Enttäuschung vorbildlich verhält.

Mach’s gut, Guri! Wir bleiben Freunde.
Foto: Jürgen Poersch